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Pressekonferenz
08. Juni 2004 |
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Univ. Prof. Dr. Jürgen
Schneider,
Geowissenschaftliches Zentrum der Universität, Abtlg. Sedimentologie/Umweltgeologie |
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Vorstellung des Appells zur Unterstützung des
Internationalen Einstein-Jahres 2005
Im nächsten Jahr jährt sich der 50. Todestag von Albert Einstein. Im Jahr 2005 wollen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den 100sten Geburtstag der Speziellen
Relativitätstheorie und der Lichtquantentheorie feiern. Daher wurde der Ihnen allen
vorliegende Appell zum Internationalen Einsteinjahr auf den Weg gebracht, den viele
namhafte internationale Wissenschaftler unterzeichnet haben, u. a. die Nobelpreisträger
Josef Rotblat (Inititiator des Appells), Manfred Eigen, Erwin Neher und auch
Carl-Friedrich von Weizsäcker.
Ich möchte als Umweltgeowissenschaftler und als Mitglied im Vorstand
der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative "Verantwortung für Frieden und
Zukunftsfähigkeit" ein paar Worte sagen zu dem moralischen Vorbild Albert Einstein:
Albert Einstein war nicht nur der geniale Physiker sondern auch der
radikale Nonkonformist, der Humanist, der aktive Pazifist und damit auch ein ethisches und
moralisches Vorbild für die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung der
Naturwissenschaftler.
Der Bürger und Pazifist Albert Einstein war auch Mitbegründer der
"War Resisters International". Wie entsetzt wäre er heute angesichts der
weltweit steigenden Militarisierung und der immer raffinierteren high-tech-Rüstung, die
nicht zuletzt auf den Erkenntnissen der Naturwissenschaften basiert, die für inhumane
Zwecke missbraucht wird. Wie entsetzt wäre er angesichts der heutigen gigantischen
Verschwendung von Mitteln für die Rüstung.
Laut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute): betrugen
die Welt-Rüstungsausgaben 2002: 794 Mrd. US-Dollar (43 % davon allein von den USA), = 2,2
Mrd. Dollar täglich. Dies entspricht einer Steigerung um 14 % seit 1998. Zugleich steigen
die Rüstungsexporte, die für so viele Kriege und damit so viel Leid in der Welt
verantwortlich sind.
Was würde der mitfühlende Menschenfreund, der Bürger Einstein heute
sagen angesichts der Tatsache, dass inzwischen eine Milliarde Menschen in den Slums der
wachsenden Megacities in Elend leben mit steigender Tendenz und dass täglich 30.000
Kinder an Hunger sterben, während riesige Mittel statt zur möglichen Linderung der Not
in immer neue Rüstungsprojekte und gigantomane auch militärische Weltraum-Projekte
fliessen.
Einstein hat sich immer unmißverständlich deutlich, ja auch
provokativ, ausgedrückt wenn er z. B. sagte, und das würde er sicher auch heute sagen
weil es noch immer aktuell ist:
"Rüsten bedeutet eben, nicht den Frieden, sondern den Krieg bejahen und
vorbereiten".
"Die Rüstungsindustrie ist in der Tat eine der größten Gefährdungen der
Menschheit".
"Man kann nicht gleichzeitig den Krieg vorbereiten und ihn verhindern".
"Nichts wird Kriege abschaffen, wenn nicht die Menschen selbst den Kriegsdienst
verweigern".
Was würde Einstein heute wohl sagen angesichts z. B. der Tatsache, daß im Entwurf der
EU-Verfassung erstmalig in einer demokratischen Gemeinschaft die ausdrückliche
"Verpflichtung" zur Aufrüstung und Modernisierung der Rüstung in den
Verfassungsrang erhoben werden soll?
Am 27. 4. 1948 sagte Einstein in einer Rede in New York:
" Sobald der Glaube an die Allmacht physischer Gewalt das Leben
einer Nation beherrscht, emanzipiert sich diese Kraft, wird zum Selbstzweck und wird
mächtiger als die Männer, die sie als Werkzeug benützen wollen. Militarisierung
bedeutet nicht nur unmittelbare Kriegsdrohung, sondern auch langsame stetige Unterhöhlung
des demokratischen Geistes und der Menschenwürde in unserem Lande. Es stimmt nicht, wenn
gesagt wird, auswärtige Ereignisse zwängen uns zur Rüstung; diese Unwahrheit müssen
wir mit aller Macht bekämpfen. In Wirklichkeit ruft unsere eigene Aufrüstung in anderen
Ländern jene Situation hervor, mit der die Anhänger unserer Rüstung ihr Programm zu
begründen suchen".
Albert Einstein fühlte sich als Mensch auch in einer großen Übereinstimmung und tief
empfundener Seelenverwandtschaft mit Albert Schweitzer und dessen Credo von der
"Ehrfurcht vor dem Leben". Beide erhoben ihre Stimmen gegen den Wahnsinn des
Wettrüstens und die Atomkriegsgefahr. Dies manifestierte sich auch in Einsteinīs kurz
vor seinem Tod gegebenen Unterschrift unter das berühmte Russel-Einstein-Manifest von
1955, das u. a. von den Nobelpreisträgern Max Born, Linus Pauling und Josef Rotblat
mitgetragen wurde. Dieses Manifest war auch Anstoß und Grundlage für die 1957 erfolgte
Gründung der Pugwash-Bewegung, die mit ihrem Vorsitzenden Josef Rotblat 1995 den
Friedensnobelpreis verliehen bekam.
Einstein war auch ein Mensch mit großem Sinn für Humor, der sich z.
B. ausdrückte in einem "Nachwort", in dem er selbstironisch schrieb: "Zur
Strafe für meine Autoritätsverachtung hat mich das Schicksal selbst zu einer Autorität
gemacht"
Was bedeuten Einstein, seine Autorität und sein Engagement gegen
Krieg, für Frieden, für Abrüstung, für Menschlichkeit, für Völkerverständigung und
für die Frage nach der Verantwortung der Wissenschaft für uns heute Lebende, denen er
immer noch Wegweiser für eine moralische Orientierung sein kann und sollte:
Wir müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden friedlichen Mitteln
für die Beseitigung aller Atomwaffen und aller anderen Massenvernichtungswaffen, und für
die Eindämmung des heute wieder auflebenden Rüstungswettlaufes eintreten. Wir müssen
als WissenschaftlerInnen und Wissenschaftler die Öffentlichkeit aufklären über die
verheerenden Folgen von Aufrüstung, Rüstungsexporten und Krieg. Und wir müssen
aufklären über die Folgen der globalen Umweltzerstörung, die Gründe für Hunger, Not
und Elend, die nicht zuletzt mitverantwortlich sind für den wachsenden Unfrieden und auch
für Terrorismus. Und die Wissenschaft darf sich nicht der gesellschaftlichen
Verantwortung für die Folgen ihres Tuns aber auch für die Folgen ihres Schweigens
entziehen.
In diesem Anliegen - da bin ich sicher - würde uns Albert Einstein
auch heute begleiten und mit uns seine Stimme erheben. Er würde sich sicher mit uns dem
Satz von Ernst Bloch anschliessen:
"Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun,
sondern auch für das, was wir widerspruchslos hinnehmen".
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